Die Vorstellung des GPT-4o-Bildgenerators von OpenAI hat nicht nur staunen, sondern auch Besorgnis ausgelöst. Wir stehen an einem Scheideweg, an dem die Entscheidungen, die wir heute treffen, die Welt der Kunstschaffenden von morgen prägen werden. Es ist an der Zeit, über die Verantwortung nachzudenken, die wir im Umgang mit KI-generierten Bildern tragen.
Disclaimer: Der Autor hat keinen juristischen Hintergrund und die in diesem Artikel enthaltenen Informationen basieren auf öffentlich zugänglichen Fakten und der persönlichen Meinung des Autors. Es wird keine Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Informationen gegeben. Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Für rechtliche Beratung oder andere professionelle Unterstützung wenden Sie sich bitte an eine qualifizierte Fachkraft.
Die Nutzung generativer KI ist im Alltag angekommen – ob für kreative Prozesse, Social Media oder Marketing. Doch mit der EU-KI-Verordnung (EU AI Act) und dem wachsenden Bewusstsein für Urheber- und Persönlichkeitsrechte steigen auch die Anforderungen an den verantwortungsvollen Umgang mit KI-generierten Inhalten. Es geht nicht um eine abstrakte Debatte, sondern um den konkreten Schutz der Rechte von Kunstschaffenden – und um rechtliche Sicherheit für alle Beteiligten.
Kunst ist urheberrechtlich geschützt – automatisch und international
Laut der Berner Übereinkunft und dem österreichischen Urheberrechtsgesetz (UrhG) sind Werke ab dem Moment ihrer Schöpfung urheberrechtlich geschützt – ganz ohne formale Registrierung. Dazu zählen nicht nur Texte oder Bilder, sondern auch stilistische Elemente wie Komposition, Ausdruck und Handschrift.
➡ Die Tatsache, dass ein Werk mithilfe von KI entstanden ist, entzieht es diesem Schutz nicht automatisch.
Die Berner Übereinkunft – internationale Grundlage
Die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst ist ein völkerrechtlicher Vertrag zum Schutz geistigen Eigentums. Sie wurde 1886 verabschiedet und wird heute von über 180 Staaten anerkannt – darunter alle EU-Mitgliedstaaten.
Wesentliche Grundsätze:
- Automatischer Schutz: Urheberrecht entsteht bei der Schöpfung, ohne Registrierung.
- Mindestschutz: Mindestens 50 Jahre Schutz nach dem Tod der urhebenden Person.
- Gleichbehandlung: Schutz gilt grenzüberschreitend für alle Vertragsstaaten.
- Schutzbereich: Literatur, Musik, bildende Kunst, Film, Fotografie, Software u. v. m.
- Moralische Rechte: Namensnennung und Schutz vor entstellender Nutzung.
➡ Werke, die ausschließlich durch KI ohne menschlichen Einfluss erzeugt werden, gelten laut OGH und herrschender Lehre nicht als urheberrechtlich geschützt. Sie gelten als gemeinfrei.
Ableitungen durch KI können problematisch sein
Wer Referenzmaterial in KI-Tools einspeist und stilistisch ähnliche Inhalte generiert, riskiert die Entstehung sogenannter „abhängiger Bearbeitungen“. Auch ohne direkte Kopie kann eine zu starke Nähe zu einem geschützten Original eine Urheberrechtsverletzung darstellen.
➡ In Österreich gibt es keinen Gutglaubensschutz und kein „Fair Use“-Prinzip. Im Zweifel reicht eine erkennbare Ähnlichkeit – die Beurteilung erfolgt im Einzelfall.
Keine pauschale Freigabe zur kommerziellen Nutzung
Viele KI-Plattformen räumen Nutzenden zwar Rechte am Output ein. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Output keine fremden Rechte verletzt – etwa durch das Training mit geschütztem Material oder die stilistische Nähe zu bestehenden Werken.
➡ Die Verantwortung liegt bei den Nutzenden. Plattformen wie OpenAI weisen ausdrücklich darauf hin, dass sie keine rechtliche Garantie übernehmen.
Empfohlener Handlungsrahmen für den sicheren Einsatz
1. Referenzmaterial mit Bedacht verwenden. Jedes hochgeladene Bild oder jeder verwendete Stil kann urheberrechtlich geschützt sein. Generiere keine engen Ableitungen – insbesondere bei erkennbarer Stilistik.
2. Rechtliche Prüfung vor kommerzieller Nutzung. Auch scheinbar origineller Output kann auf geschützten Inhalten beruhen. Eine juristische Prüfung ist unerlässlich.
3. EU-KI-Verordnung beachten. Der EU AI Act bringt neue Transparenz-, Dokumentations- und Kennzeichnungspflichten – insbesondere bei Systemen mit allgemeinem Verwendungszweck (GPAI). KI-Anbietende und Betreibende in der EU sind zur Sorgfalt verpflichtet.
4. Haftungsrisiken kennen und ernst nehmen
Urheberrechtsverstöße können zu Unterlassung, Beseitigung, Schadensersatz und Auskunftspflichten führen. Die Haftung liegt beim Nutzenden – nicht bei der Plattform.
Ausblick
Die rasante Entwicklung der KI-Technologie stellt das Urheberrecht vor neue Herausforderungen. Während die rechtlichen Grundlagen weitgehend bestehen bleiben, müssen sie an die individuellen Eigenheiten von KI-generierten Inhalten angepasst werden. Es ist zu erwarten, dass sich die Rechtsprechung in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird, um klare Richtlinien für den Umgang mit diesen Werken zu schaffen.
Ein wichtiger Aspekt wird die Frage der Verantwortlichkeit sein: Wer haftet für Urheberrechtsverletzungen, die durch KI-generierte Inhalte entstehen? Wer wird zur Verantwortung gezogen? Darüber hinaus wird die Technologie selbst eine Rolle spielen. Fortschritte in der KI-Technologie könnten es ermöglichen, die Herkunft von Inhalten besser nachzuvollziehen und Urheberrechtsverletzungen effektiver zu erkennen. Neue Geschäftsmodelle könnten entstehen, die Kunstschaffenden eine faire Vergütung für die Nutzung ihrer Werke im Rahmen von KI-Trainingsdaten ermöglichen.
Letztendlich liegt es an uns allen, einen verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Umgang mit KI-generierten Inhalten zu finden. Nur so können wir sicherstellen, dass Innovation und Kreativität im Einklang mit dem Schutz geistigen Eigentums stehen.
Urheberrecht und KI – Das solltest Du wissen
Ist KI-generierter Output automatisch geschützt?
Nein. Ein KI-Ausgabewerk ist nur dann geschützt, wenn ein menschlicher schöpferischer Beitrag überwiegt. Vollständig automatisierte Werke sind gemeinfrei.
Kann ich KI-generierte Bilder bedenkenlos kommerziell nutzen?
Nicht ohne Prüfung. Auch stilistisch ähnliche Ausgaben können Rechte Dritter verletzen. Empfehlung: Vor kommerzieller Nutzung rechtlich prüfen lassen.
Was ist ein „abgeleitetes Werk“?
Ein Werk, das in Gestaltung, Stil oder Struktur stark an ein Original erinnert. Solche Werke benötigen eine Zustimmung der Rechte-Inhabenden.
Was sagt das Urheberrecht zu Trainingsdaten?
Trainingsdaten müssen rechtmäßig verwendet werden. Text- und Data-Mining ist nur unter engen gesetzlichen Ausnahmen zulässig – z. B. für Forschung
Wer haftet bei einer Rechtsverletzung durch KI-Inhalte?
Der Nutzende haftet. Es gibt keinen Gutglaubensschutz und kein Fair Use-Prinzip wie in den USA. Auch unbeabsichtigte Verletzungen sind rechtlich relevant.
Was gilt laut KI-Verordnung?
Die EU-KI-Verordnung verfolgt einen risikobasierten Ansatz und betrifft alle Anbieter, Betreiber und Nutzer von KI-Systemen in der EU. Sie fordert u. a. Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Dokumentationspflichten – je nach Risikoklasse des Systems.
Wie erkenne ich, ob ich ein Risiko eingehe?
Beurteile immer:
> Aktuelle Rechtslage (Nutzungsbedingungen, geltendes nationale und internationales Recht)
> Input (Trainings-/Referenzdaten)
> Output (Stil, Inhalt, Ähnlichkeit)
> Verwendungszweck (kommerziell oder privat)
Was bedeutet GPAI?
Die Globale Partnerschaft für Künstliche Intelligenz (GPAI, ausgesprochen „Gee-Pay“) ist eine internationale Initiative, die gegründet wurde, um die verantwortungsvolle Entwicklung und Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in einer Weise zu leiten, die die Menschenrechte und die gemeinsamen demokratischen Werte ihrer Mitglieder respektiert. Die Partnerschaft wurde erstmals von Kanada und Frankreich auf dem 44. G7-Gipfel 2018 vorgeschlagen und im Juni 2020 offiziell ins Leben gerufen. Die GPAI wird von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) beherbergt.